Ziegenmelker – Nachtschwalbe mit „Mopedsound“

Erfolgreiche Kooperation von Forst, Naturschutz und Landschaftserhaltungsverband zum Erhalt einer seltenen Vogelart im Landkreis Rastatt

Wenn sich eine kleine Gruppe von Naturschützern und Forstleuten an einem Juniabend im Hügelsheimer Wald verabredet, muss es einen Grund geben: Es ist die Neugierde, den Ziegenmelker ausfindig zu machen. Mit dabei war auch Sofia Weidenbach vom Forstamt des Landkreises Rastatt, die bis vor kurzem Trainee in der Bezirksleitung Bühl war und uns die besondere Vogelart näherbringt. 

Das Foto zeigt die lichte Waldfläche nach der Habitatpflegemaßnahme (Foto: Markus Rudolph)
So licht muss der Wald für den Ziegenmelker sein - die Waldfläche nach der Habitatpflegemaßnahme (Foto: Markus Rudolph)

Seinen Namen erhielt der Ziegenmelker, da man früher dachte, dass er nachts zu den Ziegen in die Ställe fliegt, um aus ihren Eutern zu trinken. Er ist europaweit verbreitet, kommt allerdings in Deutschland nur an wenigen Orten vor. Hierzulande gilt der drosselgroße Vogel als vom Aussterben bedroht und wird in einigen Bundesländern in Artenschutzprogrammen berücksichtigt.

Wie die meisten Bodenbrüter, sind auch die geeigneten Brutplätze des Ziegenmelkers zunehmend eine Rarität in der Landschaft. Optimal für die Aufzucht seiner Nachkommen sind sandige, sonnenbeschienene Böden, ohne Unterwuchs wie zum Beispiel Gras. Ohne ein Nest werden auf den nackten Boden zwei Eier gelegt, welche die meiste Zeit das Weibchen bebrütet. Typische Landschaften für das Vorkommen sind Heiden oder offene Kiefernwälder.

Die historische Kahlschlagwirtschaft in den Wäldern kam der Vogelart entgegen, aber auch die Verwüstungen durch Sturm Lothar im Jahr 1999. Durch natürliche Störungen entstehen große offene Flächen, die der in Afrika überwinternde Ziegenmelker für sein Sommer- und Brutquartier benötigt.

Die naturinteressierte Gruppe um den Hügelsheimer Forstrevierleiter Markus Rudolph machte sich auf den Weg, um den Ziegenmelker mit eigenen Ohren und Augen wahrzunehmen. Die Ferngläser für die Observation waren mit dabei. Zur Familie der Nachtschwalben gehörend ist der europäische Ziegenmelker erst ab der Dämmerung aktiv und geht über die Nacht auf die Jagd. Zu seiner Nahrung zählen vor allem Kleinschmetterlinge, aber auch Nachtfalter oder Käfer. Sein Gesang ist markant, einzigartig. „Der eine meint, es klingt wie der Sound eines weit entfernten Motorrads, die andere erinnert es an psychodelische Hintergrundklänge oder ein tiefklingendes Schnurren“, fasst Sofia Weidenbach zusammen. Fast monoton mit nur einem Sprung in der Tonebene kann der Ziegenmelker stundenlang seinem charakteristischen Gesang nachgehen. Tatsächlich konnten die Besucher an diesem Abend Zeuge seiner ausdauernden Stimme werden und ihn in den letzten Zügen der Dämmerung in der Krone einer Kiefer erspähen.

Das Foto zeigt einen fliegenden Ziegenmelker (Foto: Thomas Nissen)
Der Ziegenmelker (Foto: Thomas Nissen)

In Baden-Württemberg gibt es nur wenige Vorkommen der seltenen Nachtschwalbe. Im vergangenen Jahr wurde im Landkreis Rastatt kein einziger Ziegenmelker mehr nachgewiesen, obwohl sich die Jahre zuvor immer bis zu vier Brutpaare im Gemeindewald von Hügelsheim über den Sommer aufhielten. Der Vorschlag, den Lebensraum für die Nachtschwalbe durch Auflichtung wieder attraktiv zu machen, kam vom NABU Baden-Baden/Sinzheim. In enger Zusammenarbeit zwischen dem zuständigen Forstrevierleiter Markus Rudolph, dem Landschaftserhaltungsverband und der unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt Rastatt wurden entsprechende Maßnahmen im vorigen Herbst angegangen. Die Umsetzung erfolgte im Winter zunächst durch die Unterstützung von Selbstwerbern, die Brennholz aufarbeiteten. Anschließend wurden Bodenbewuchs und Gehölze entfernt und eine Freifläche von anderthalb Hektar mit nur noch vereinzelt vorhandenen Altkiefern geschaffen.

Für das Anfang Juni im Hügelsheimer Wald bestätigte Ziegenmelkermännchen besteht die Hoffnung, dass möglicherweise auch ein Weibchen in der Nähe ist. Eine erfolgreiche Brut würde den Erfolg der Maßnahme bekräftigen und könnte den Weg für weitere Offenhaltungsmaßnahmen ebnen. Gleichzeitig hilft die Auflichtung auch anderen lichtliebenden Arten, die besondere Waldstrukturen brauchen.