Suchtprävention geht alle an

Um das Thema Suchtprävention ranken sich viele Meinungen und Mythen. Die einen halten Suchtprävention für unverzichtbar, die anderen sind skeptisch, weil die Wirkung nicht messbar ist.

Durch die Pandemie wurde deutlich, welche Auswirkungen Schulschließungen und Kontaktverbote auf Jugendliche haben können. Es kam zu einer Zunahme von psychischen Erkrankungen bei Jugendlichen. Präventionsveranstaltungen konnten lange Zeit gar nicht stattfinden.

Gudrun Pelzer, Kommunale Suchtbeauftragte des Landkreises Rastatt, gibt einige Denkanstöße hinsichtlich Haltung und Umgang mit Suchtmitteln. Die Meinungen darüber, ab welchem Zeitpunkt Erwachsene einschreiten sollten, klaffen oft weit auseinander. „Wir haben früher auch alles ausprobiert. Das legt sich wieder.“ Dieser Standpunkt ist teilweise nachvollziehbar. „Leider werden dabei allzu schnell Fehlentwicklungen übersehen. Wir haben es heute mit anderen Konsummustern zu tun als noch vor 30 Jahren“, stellt Pelzer fest. Wodka-Limo-Mischungen sind meistens die Ursache, dass Jugendliche sich in die Bewusstlosigkeit trinken, weil sie die Wirkung dieser hochprozentigen Getränke nicht einschätzen können. Cannabis heute hat einen wesentlich höheren Wirkstoffgehalt als früher und damit deutlich mehr schädliche Nebenwirkungen. Außerdem werden Jugendliche schneller abhängig als Erwachsene, weil sich das Gehirn noch in der Entwicklung befindet.

„Suchtprävention umzusetzen ist nicht nur die Aufgabe von Institutionen und Einrichtungen. Hier ist jeder an seinem Platz gefordert, hinzuschauen und Vorbild zu sein“, fordert die Suchtbeauftragte. Den Spagat zu schaffen zwischen „Freiraum lassen“ und „Grenzen setzen“ ist nicht einfach und setzt voraus, dass sich Eltern untereinander verständigen, wie sie reagieren, wenn Grenzen überschritten werden und der Sohn oder die Tochter betrunken nach Hause kommt. Auch Lehrerkollegien müssen sich abstimmen, wie sie mit Verstößen gegen ein Alkoholverbot im schulischen Bereich umgehen wollen.

„Dennoch werden wir tolerieren müssen, dass Jugendliche Suchtmittel ausprobieren. Hier sind wir Erwachsenen kein gutes Vorbild“, bedauert Pelzer. Der Konsum von Cannabis, nach wie vor eine illegale Droge, nimmt weiter zu. Jugendliche müssen eine eigene Haltung gegenüber Suchtmitteln entwickeln. Dabei müssen sie unterstützt werden, damit es beim Probierkonsum bleibt und ein gesundheitsverträglicher Umgang mit Suchtmitteln entwickelt wird.

Mittlerweile ist gut belegt, dass Suchtprävention wirkt. Leider ist nicht alles wirksame Suchtprävention. Bekannt ist, dass Plakate oder Broschüren alleine nichts bewirken, genauso wenig wie Abschreckung. „Suchtprävention ist Kommunikation und Auseinandersetzung mit der eigenen Haltung und Einstellung gegenüber dem Konsum von Suchtmitteln“, betont die Suchtbeauftragte. Was wollen Jugendliche mit dem Konsum erreichen und wollen sie die schädlichen Auswirkungen in Kauf nehmen? Letzteres wollen die meisten Jugendlichen nicht. Sachlich richtige Information gehört selbstverständlich dazu. So aufgeklärt Jugendliche oft erscheinen, so viel Halbwissen kursiert.

Eltern unterschätzen ihren Einfluss auf ihre Kinder, wenn diese in der Pubertät sind. Trotz einer häufig ablehnenden Haltung gegenüber den Eltern wissen die meisten Jugendlichen sehr genau, was richtig und was falsch ist. Pelzer: „Sorgen muss man sich um diejenigen machen, die von ihren Eltern keine Orientierung bekommen.“ Diese Jugendlichen antworten auf die Frage, was die Eltern etwa zum Konsum von Alkohol ihrer Kinder sagen, dass es ihren Eltern egal sei und sie selbst wissen müssen, was sie machen. Damit sind Jugendliche schnell überfordert und fühlen sich allein gelassen.

Unterstützung können Eltern bieten, indem sie mit ihren Kindern im Gespräch bleiben und nicht aufgeben, wenn es schwierig wird. Jugendliche wollen ernst genommen werden. „Als Erwachsener kann ich versuchen, den Standpunkt des Jugendlichen zu verstehen. Das heißt nicht, dass ich diesen auch billige“, so Pelzer. Die Sorge um den Jugendlichen sollte man zum Ausdruck bringen, ohne diese jedoch als Vorwurf vorzubringen. Gelingt es nicht, ins Gespräch zu kommen, dann gibt es die Möglichkeit, sich an die Psychologische Beratungsstelle des Landkreises Rastatt oder an die Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden zu wenden.

Schulen leisten ihren Beitrag, indem Suchtprävention im Schulalltag verankert wird und regelmäßig unter Einbeziehung externer Präventionsfachkräfte stattfindet. Die Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden bietet Workshops zu Themen wie Alkohol-, Cannabis- und Medienprävention sowie zu weiteren Themen an. Elternabende und Fortbildungen für Lehrkräfte sind ebenfalls im Angebot.

Vereine können ihren Umgang mit Alkohol ebenfalls kritisch beleuchten und Regelungen einführen, damit ein Missbrauch durch Jugendliche verhindert wird. Vom Zertifizierungsprogramm Jugendfreundlicher Verein haben mittlerweile 145 Vereine im Landkreis Gebrauch gemacht. Interessierte Vereine können sich an die Fachstelle Sucht Rastatt/Baden-Baden wenden.

Service: Informationen über Alkohol, Nikotin, Cannabis und andere illegale Drogen gibt es unter www.drugcom.de. Kostenfreies Material zur Suchtprävention kann unter www.bzga.de bestellt werden. Weitere Infos erteilt auch die Suchtbeauftragte des Landkreises Rastatt per E-Mail an g.pelzer@landkreis-rastatt.de.