Sozial lebende Tierarten brauchen geeignete Artgenossen

Regelmäßig wird in den Medien von Missständen im Umgang mit Tieren berichtet: Tiere, die in „Massentierhaltungen“, auf Tiertransporten oder am Schlachthof leiden, Fälle von zwanghaftem „Sammeln“ von Tieren oder Landwirte, die ihre Tiere nicht angemessen versorgen. Jenseits dieser im Bewusstsein der Bevölkerung stark verankerten Vorstellungen können tierschutzwidrige Zustände auch vorhanden sein, wenn sie nur aus „Liebhaberei“ oder zu Hobbyzwecken gehalten werden. Dies ist häufig dann der Fall, wenn Tiere entgegen ihrer artspezifischen Bedürfnisse alleine gehalten werden oder zusammen mit Tierarten, die als Sozialpartner gänzlich ungeeignet sind. Darauf verweist das Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung im Landratsamt Rastatt.

Die Verpflichtung zur artgerechten Haltung ergibt sich aus dem Tierschutzgesetz. Demnach muss, wer Tiere hält, diese verhaltensgerecht unterbringen sowie artgemäß ernähren und pflegen.

Die meisten unserer Heim- und Nutztiere sind sozial lebende Tierarten. Bei Kontrollen durch das Veterinäramt werden als Begründung für die Einzelhaltung oftmals die damit verbundene Mehrarbeit oder höhere Kosten genannt. Häufig sind die Ursachen jedoch Unwissenheit, manchmal auch Ignoranz gegenüber verhaltensbiologischen Erkenntnissen und modernen Ansprüchen an die Tierhaltung, mit dem Hinweis, dass das schon immer so gewesen sei.

Von den schätzungsweise etwa sechs Millionen gehaltenen Heimtieren in Deutschland sind hiervon besonders häufig Kaninchen, Meerschweinchen, Chinchillas, Mäuse, Ratten, Papageien und Sittiche betroffen. Da diese Tiere meistens im privaten Umfeld gehalten werden und es für Heimtierhaltungen keine Meldepflichten bei den Veterinärämtern gibt, wird nur ein Bruchteil der Fälle über tierschutzwidrige Haltungsformen bekannt.

Oftmals werden einzelne Heimtiere für Kinder angeschafft, die dann in zu kleinen oder nicht artgerechten Käfigen ihr Dasein fristen. Teils werden auch verschiedene Tierarten gemeinsam gehalten, etwa Meerschweinchen und Kaninchen, die verschiedene Ansprüche haben und ein vollkommen unterschiedliches Kommunikationsverhalten zeigen. Meerschweinchen leben beispielweise in ihrem natürlichen Lebensraum in Gruppen von bis zu 15 Tieren und kommunizieren über eine Vielzahl an Quietsch- und Pfeifgeräuschen, die Kaninchen nicht deuten können. Kaninchen sind für diese Tiere deshalb keine geeigneten Sozialpartner. Auch zeigen Studien, dass Meerschweinchen in Einzelhaltung oder in einer gemeinsamen Haltung mit Kaninchen deutlich mehr Stresshormone produzieren. „Natürlich gibt es auch Heimtiere, bei denen eine Einzelhaltung möglich ist, wie beispielsweise Goldhamster“, betont das Veterinäramt.

Auch wenn in der Gesellschaft mit Nutztierhaltung vorrangig die Vorstellung von „Massentierhaltung“ verbunden ist, werden Nutztiere häufig noch immer in kleinen Nebenerwerbs- oder Hobbylandwirtschaften gehalten. Auch hier können Haltungsbedingungen vorhanden sein, die nicht tiergerecht sind. Häufig anzutreffende Fälle sind das alleine gehaltene Mastschwein oder der einzelne Mastbulle, die zum privaten Gebrauch geschlachtet werden sollen. Ein weiteres Beispiel sind einzeln gehaltene Pferde oder Esel. Die Ziege oder das Schaf, die hier oftmals mit im Stall stehen, stellen für ein Pferd oder einen Esel keinen adäquaten Sozialpartner dar. Damit wird das Problem eher verschlimmert, da nun zwei Tierarten keinen geeigneten Sozialpartner haben. Ein typischer Fall von Einzelhaltung sind häufig auch Minipigs. Oft sind die betroffenen Tierhalter der Auffassung, dass es dem Tier doch gut gehe, da es ausreichend mit Futter und Wasser versorgt werde und einen sauberen Stall habe, der größer ist als die gesetzlichen Mindestanforderungen. Dass aber auch diese Tiere möglicherweise unter den Haltungsbedingungen leiden, ist vielen nicht bewusst.

Das Veterinäramt des Landkreises Rastatt appelliert deshalb, sozial lebende Tiere mindestens paarweise, besser in Gruppen mit mindestens drei verträglichen Tieren zu halten, damit auch beim Tod eines Tieres noch ein Sozialpartner vorhanden ist.

Information: Landratsamt Rastatt, Amt für Veterinärwesen und Lebensmittelüberwachung, per E-Mail an amt5.4@landkreis-rastatt.de.