Öffentliche Bekanntmachung: Vollzug des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) - Bekanntgabe der Feststellung nach § 5 Abs. 2 UVPG über das Ergebnis der standortbezogenen Vorprüfung des Einzelfalls nach §§ 7 Abs. 2 und 5 Abs. 2 UVPG - Stephan Zeitvogel, Gemarkung Sinzheim

Herr Stephan Zeitvogel beantragt für den Standort Grundstück Flst.-Nrn. 19028, 19029 und 19029/1 der Gemarkung Sinzheim die Erteilung einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage.

Der Antrag umfasst

  • die Errichtung und den Betrieb einer Biogasanlage u.a. für Biomasse aus landwirtschaftlichen Reststoffen sowie Gülle, Maissilage und Festmist sowie Abfallstoffe aus der Lebensmittelindustrie,
  • die Errichtung und der Betrieb eines Blockheizkraftwerks mit einer Feuerungswärmeleistung FWL von 3.624 kW
  • Bei Ausfall der BHKW kann das Biogas über eine Notfackel abgefackelt werden.
  • Die Biogasproduktion liegt bei 1.8 Mio. m³/ a.

Im Einzelnen wird die Anlage aus den folgenden Anlagenteilen bzw. Nebeneinrichtungen bestehen

  • Biogasanlage, Input 8.760 t/a / 24 t/d, landwirtschaftliche Reststoffe und Abfälle aus der Lebensmittelproduktion,
  • Biogasproduktion 1,8 Mio. m³/a
  • BHKW-Anlage, Feuerungswärmeleistung 3.624 kW

Die Anlage unterliegt der immissionsschutzrechtlichen Genehmigungspflicht nach § 1 der 4. BImSchV und folgenden Ziffern:

Nummer gemäß Anhang 1 zur 4. BlmSchV einschließlich Verfahrensart:

Nr. 8.6.2.2 (V) Anlagen zur biologischen Behandlung nicht gefährlicher Abfälle mit einer Durchsatzkapazität von 10 Tonnen bis weniger als 50 Tonnen je Tag
Nr. 1.2.2.2 (V) Verbrennungsmotorenanlage für Biogas mit einer Feuerungswärmeleistung von 1 MW bis weniger als 10 MW.
Das Vorhaben ist mit der Verfahrensart V gekennzeichnet und bedarf einer Genehmigung im vereinfachten Verfahren.

Das Vorhaben soll im Außenbereich als baurechtlich privilegierte Anlage nach § 35 Abs 1 Nr. 6
realisiert werden. Nach Erteilung der Genehmigung soll mit der antragsgemäßen Realisierung des Vorhabens begonnen werden.
Das Vorhaben ist nach § 35 BauGB zu beurteilen. Die vorgesehene Fläche ist reine Ackerfläche im unbebauten Außenbereich. Es handelt sich um eine Anlage nach § 2 EEG. Wasserschutzgebiete sind nicht betroffen.

Das geplante Anlagengelände ist insgesamt 2,1 ha groß. Die geplante Maschinenhalle und Hofstätte beträgt ca. 3.000 m². Die geplante BGA umfasst ca. 18.000. 20.000 m² werden nicht überschritten.

Der rund 1,33 ha große östliche Teil der Anlage soll innerhalb des 49,2 ha großen Landschaftsschutzgebiets „Korbmatten – Im Mäthi“ errichtet werden. Hiervon sind die im Eigentum vom Antragsteller stehenden Grundstücke Flst. Nrn. 19029 und 19029/1 betroffen, welche derzeit als Landwirtschaftsfläche (Acker) genutzt werden.

Das Vorhaben unterliegt nach Ziffer 8.4.1.2 und 1.2.2.2 der Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Danach ist eine standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls nach § 7 Abs. 2 UVPG notwendig.

Nach § 7 Abs.2 UVPG prüft die Behörde in der ersten Stufe, ob bei dem Neuvorhaben besondere örtliche Gegebenheiten gemäß den in Anlage 3 Nummer 2.3 aufgeführten Schutzkriterien vorliegen.

Dies ist der Fall, denn das Vorhaben befindet sich teilweise im Geltungsbereich der Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Korbmatten – Im Mäthi“ vom 18. April 1986 (NSG/LSG-VO) sowie innerhalb des FFH-Gebietes „Bruch bei Bühl und Baden-Baden“.

Durch den Bau der Biogasanlage ergeben sich insofern negative Auswirkungen auf diesen Schutzzweck, als dass die Flächennutzung auf 1,33 ha dauerhaft geändert und das Landschaftsbild nachteilig durch die Errichtung neuer baulicher Anlagen geprägt wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die derzeit als Maisacker genutzte Fläche, auf der die Biogasanlage errichtet werden soll, nur eine geringe naturschutzfachliche Bedeutung hat und durch den Bau der Biogasanlage keine Biotope oder besonders wertgebende Schutzgebietsflächen beeinträchtigt werden.

Da besondere örtliche Gegebenheiten vorliegen, prüft die Behörde gemäß § 7 Abs. 2 S. 5 auf der zweiten Stufe unter Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien, ob das Neuvorhaben erhebliche nachteilige Umweltauswirkungen haben kann, die die besondere Empfindlichkeit oder die Schutzziele des Gebietes betreffen und nach § 25 Absatz 2 bei der Zulassungsentscheidung zu berücksichtigen wären.

Diese allgemeine Vorprüfung wurde als überschlägige Prüfung unter Berücksichtigung der in Anlage 3 zum UVPG genannten Kriterien durchgeführt. Die wesentlichen Gründe für das Nichtbestehen der Pflicht zur Durchführung einer UVP sind mit Hinweis auf die dafür maßgeblichen Kriterien der Anlage 3 des UVPG anzugeben (§ 5 Abs. 2 Satz 1 bis 3 UVPG). Als Grundlage für die allgemeine Vorprüfung des Einzelfalls wurden vom Vorhabensträger nach Anlage 2 zum UVPG die Angaben zu den Merkmalen des Vorhabens und des Standorts sowie zu deren möglichen erheblichen Umweltauswirkungen vorgelegt.

Nach §§ 7 und 5 UVPG stellt das Landratsamt Rastatt als zuständige Behörde auf Grundlage der Antragsunterlagen ( Gutachten Zieger–Machauer), sowie der Stellungnahme der unteren Naturschutzbehörde vom 20.März 2023 und der Höheren Naturschutzbehörde vom 12. Mai 2023 unter Berücksichtigung der in Anlage 3 des UVPG aufgeführten Kriterien fest, dass das Vorhaben nach Einschätzung des Landratsamtes Rastatt keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorrufen kann, die nach § 25 Abs. 1 und 2 UVPG zu berücksichtigen wären. Die überschlägige Prüfung ergab in der zweiten Stufe, dass durch das beantragte Vorhaben zwar nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt entstehen können, diese aber nicht von erheblicher Bedeutung sind.

Schutzgut Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt (§2 Abs.1 Nr.2)

Landschaftsschutz/ NSG/LSG-VO:

Das Vorhaben befindet sich im Geltungsbereich der Verordnung des Regierungspräsidiums Karlsruhe über das Natur- und Landschaftsschutzgebiet „Korbmatten – Im Mäthi“ vom 18. April 1986 (NSG/LSG-VO). Im Landschaftsschutzgebiet sind alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebietes verändern oder dem Schutzzweck zuwiderlaufen, insbesondere, wenn dadurch der Naturhaushalt geschädigt (Nr. 1), die Nutzungsfähigkeit der Naturgüter nachhaltig gestört (Nr. 2), eine geschützte Flächennutzung auf Dauer geändert (Nr. 3), das Landschaftsbild nachteilig geändert oder die natürliche Eigenart der Landschaft auf andere Weise beeinträchtigt (Nr. 4) oder der Naturgenuss oder besondere Erholungswert der Landschaft beeinträchtigt wird (Nr. 5). Erlaubnispflichtig sind gemäß § 7 Abs. 2 NSG/LSG-VO insbesondere die Errichtung von baulichen Anlagen im Sinne der Landesbauordnung in der jeweils geltenden Fassung (Nr. 1), das Verlegen oder Ändern von ober- oder unterirdischen Leitungen aller Art (Nr. 3) und die Anlage oder Veränderung von Straßen, Wegen, Plätzen oder anderen Verkehrswegen (Nr. 7).

Da die Errichtung der Biogasanlage mit den zugehörigen baulichen Anlagen nebst Zufahrt und Verkehrsflächen auf dem Grundstück erlaubnispflichtige Handlungen in diesem Sinne darstellen, die den Charakter des Landschaftsschutzgebiets verändern und dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen können, bedarf die Biogasanlage einer Erlaubnis gem. § 7 NSG/LSG-VO oder einer Befreiung gem. § 10 NSG/LSG-VO i. V. m. § 67 Abs. 1 BNatSchG.

Von den einschlägigen Ge- und Verbotsbestimmungen der NSG/LSG-VO kann gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG auf Antrag eine Befreiung gewährt werden, wenn dies aus Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist.

Der Schutzzweck des Landschaftsschutzgebiets ist gem. § 3 Abs. 2 NSG/LSG-VO die Erhaltung des erweiterten Lebensraumes für die Tierwelt als ökologisch notwendige Ergänzung des Naturschutzgebietes (Nr. 1), die Erhaltung des Abwechslungsreichtums der durch lockere Baum- und Strauchgruppen gegliederten, landwirtschaftlich genutzten Freiflächen am Fuße der Vorbergzone (Nr. 2) sowie die Verhinderung direkter Einwirkungen auf das Naturschutzgebiet, die den Schutzzweck dieses Gebietes gefährden können (Nr. 3).

Durch den Bau der Biogasanlage ergeben sich insofern negative Auswirkungen auf diesen Schutzzweck, als dass die Flächennutzung auf 1,33 ha dauerhaft geändert und das Landschaftsbild nachteilig durch die Errichtung neuer baulicher Anlagen geprägt wird. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die derzeit als Maisacker genutzte Fläche, auf der die Biogasanlage errichtet werden soll, nur eine geringe naturschutzfachliche Bedeutung hat und durch den Bau der Biogasanlage keine Biotope oder besonders wertgebende Schutzgebietsflächen beeinträchtigt werden. Ebenfalls ist zu beachten, dass die Biogasanlage in Randlage des Landschaftsschutzgebiets errichtet werden soll und die unmittelbare Umgebung mit Blick auf die Sichtbeziehungen zur parallel zum Grundstück verlaufenden Rheintalbahn sowie die Straßenbrücke der K 3738 bereits vorbelastet ist. Die zentrale Funktion, nachteilige direkte Einwirkungen auf das Naturschutzgebiet zu verhindern, kann das Landschaftsschutzgebiet auch nach dem Bau der Biogasanlage weiterhin erfüllen. Im Ergebnis überwiegt das überragende öffentliche Interesses am Ausbau erneuerbarer Energien hier daher die entgegenstehenden Landschaftsschutzbelange.

Die Befreiung ist auch erforderlich, da es zur Wahrnehmung des öffentlichen Interesses vernünftigerweise geboten ist, das Vorhaben an dem vorgesehenen Standort zu verwirklichen. Dem Bauherrn stehen keine zumutbaren Alternativen zur Verfügung, die Biogasanlage an einem anderen Standort außerhalb des Landschaftsschutzgebiets zu errichten. In der von der Gemeinde Sinzheim durchgeführten Alternativen-Prüfung von insgesamt acht Standorten wurde der für die Biogasanlage vorgesehene Standort 8 im „Gewann Schöllbund“ anhand der zehn untersuchten Kriterien(Baurecht, Natur, Regionalplanung, Hochwasser, Wasserschutz, Immissionen: Nähe zur Siedlungsstruktur, Immissionen: Nähe zur nächsten Wohnnutzung, Eigentümerstruktur, Archäologie, verkehrstechnische Anbindung) als der geeignetste Standort mit dem geringsten Konfliktpotential ermittelt. Standort 7 „Untere Hurst“, der aufgrund der Lage außerhalb des Landschaftsschutzgebiets aus naturschutzfachlicher Sicht weniger konfliktreich gewesen wäre, steht als Alternativstandort nicht mehr zur Verfügung, da dort inzwischen die Errichtung einer Freiflächenphotovoltaikanlage geplant ist. Andere Flächen im Eigentum des Bauherrn stehen für die Verwirklichung des Vorhabens ebenfalls nicht zur Verfügung, da diese keine ausreichende Flächengröße aufweisen, um darauf eine Biogasanlage zu errichten. Mangels Verfügbarkeit von Flächen außerhalb des Landschaftsschutzgebiets, auf denen die Realisierung des Vorhabens möglich und zumutbar ist, ist vorliegend die Erteilung einer Befreiung notwendig.

In der Abwägung der widerstreitenden Interessen zum einem am öffentlichen Interesse am Bau der Biogasanlage als erneuerbarer Energiequelle und zum anderen an der Einhaltung der Bestimmungen der Schutzgebietsverordnung zur Gewährleistung des Landschaftsschutzes überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse am Bau der Biogasanlage.

Die erneuerbaren Energien sollen nach der ausdrücklichen Normierung durch den Bundesgesetzgeber in § 2 Satz 2 EEG als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden, bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist. Daher ist der Bau der Biogasanlage zur Förderung des Ausbaus erneuerbarer Energien hier als vorrangiger Belang in die Abwägung einzustellen.

In der vorliegenden Verträglichkeitsprüfung-Vorprüfung wird die Erheblichkeit der Auswirkungen auf:

  • Lebensräume und Arten (Anhang I bzw. II FFH-Richtlinie)
  • Biotische und abiotische Standortfaktoren, gebietsspezifische Funktionen oder Besonderheiten etc., die für die genannten Lebensräume und Arten von Bedeutung sind -

betrachtet.
Das Vorhaben liegt teilweise im FFH-Gebiet, wobei ein Randbereich des Schutzgebietes betroffen ist, der durch naturschutzfachlich geringwertige Ackerflächen und Vorbelastungen gekennzeichnet ist (Bahnlinie, B3 neu, intensive landwirtschaftliche Nutzung als Maisacker). Wertvolle Biotope oder Lebensräume sind nicht betroffen. Weder FFH-Lebensraumtypen noch Lebensstätten von FFH-Arten kommen im direkten Vorhabenbereich noch unmittelbar angrenzend tatsächlich vor.

Das vollständig als Acker genutzte und gehölzfreie Plangebiet ist aufgrund der vorhandenen geringwertigen Habitatsstrukturen artenschutzrechtlich unkritisch. Aufgrund des Flächenzustands sind aktuell keine Fortpflanzungs- und Ruhestätten oder Vorkommen streng geschützter Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie oder europäischer Vogelarten vorhanden.
Auch für die angrenzenden Flächen sind keine artenschutzrechtlichen Konflikte zu erwarten.
Die Begehung des Anlagenstandortes und des Umfeldes ergaben keine Nachweise oder Hinweise auf geschützte Arten.

Der Vorhabenbereich ist auch nicht für Bodenbrüter wie die Feldlerche geeignet, die bekanntermaßen Bereiche mit Freileitungen, Gehölzen und Vertikalstrukturen meidet. Die Planungsfläche stellt auch kein essenzielles Nahrungshabitat für Vögel dar. Im der gesamten Umgebung kommen sehr wahrscheinlich verschiedene Fledermausarten vor. Es ist davon auszugehen, dass verschiedene Fledermausarten auch das Plangebiet überfliegen, durchfliegen und bejagen. Laut FFH-Managementplan liegen keine Lebensstätten des Großen Mausohrs und der Bechsteinfledermaus im Bereich der geplanten Biogasanlage. Im Plangebiet sind auch keine Vegetationsbestände vorhanden, die von Fledermäusen als Quartier genutzt werden können. Eine Beeinträchtigung potenzieller angrenzender Fledermausvorkommen ist nicht zu erwarten. Jagdhabitate sind weiterhin erreichbar und Leitlinien für Fledermausflugrouten sind durch die geplante Biogasanlage nicht tangiert.

Der aktuelle Flächenzustand des Anlagenstandorts der geplanten Biogasanlage in Sinzheim lässt keine artenschutzrechtlichen Konflikte erwarten. Vertiefende artenschutzrechtliche Untersuchungen sind laut Fachgutachter nicht erforderlich.
Nach fachgutachterlicher Einschätzung werden durch die geplante Biogasanlage weder bei streng geschützten Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie noch bei europäischen Vogelarten Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG berührt.

Erhebliche Beeinträchtigungen durch indirekte Wirkungen des Vorhabens, die in das Gebiet hineinwirken können (z. B. Stoffeinträge, Lärmbelastung, künstliche Beleuchtung), können ausgeschlossen werden.

Auch ohne eine detailliertere fachliche Analyse und Prüfung ist es offensichtlich bzw. hinreichend wahrscheinlich, dass das Vorhaben nicht mit solchen direkten oder indirekten Wirkungen verbunden ist, die dazu geeignet sind, die gemeldeten FFH-Arten oder Lebensraumtypen erkennbar zu beeinträchtigen. Für diese Einschätzung ist im Wesentlichen maßgeblich, dass die gelisteten Lebensraumtypen und FFH-Arten im Wirkraum des Vorhabens nicht vorkommen.

Schutzvorkehrungen durch künstliche Beleuchtung im Außenbereich, werden vermieden, da Beleuchtungsanlagen sind mit einer den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden insektenfreundlichen Beleuchtung auszustatten sind.

Schutzgut Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima, Landschaft (§ 2 Abs. 1 Nr. 3)

Das Vorhaben dient dem Klimaschutz. Es sind keine nachteiligen Umweltauswirkungen auf das Klima zu erwarten.

Auswirkungen können durch entsprechende technische Vorkehrungen auf das Grundwasser wie beispielsweise durch die AwSV vermieden werden.

Das Vorhaben liegt außerhalb des Wasserschutzgebiets Kummerstung der Gemeindewerke Sinzheim. Dieses befindet sich aus Sicht der Grundwasserfließrichtung oberstromig zum Vorhabensgebiet. Der mittlere Grundwasserstand liegt bei ca. 6,0 m unter GOK. Die tiefste Gründung der geplanten Biogasanlage liegt bei 4,0 m unter GOK. Ein Eingriff in den Grundwasserkörper ist somit ebenfalls nicht gegeben. Nachteilige Auswirkungen sind nicht zu befürchten.

Überflutungsgebiete liegen ca. 700 m nördlich und westlich vom Mittelpunkt Gelände Biogasanlage.

Beim Schutzgut „Mensch“ werden Ausführungen zum Thema „Luft“ ausgeführt. Das Gleiche gilt für „Landschaft“, die im Schutzgut unter Nr. 2 (Tiere, Pflanzen und die biologische Vielfalt) dargestellt wird.

Der Boden wird aktuell landwirtschaftlich als Acker genutzt. Eine Versiegelung des Bodens findet statt; dies soll durch Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden.

Die Biogasanlage soll nach § 35 Abs. 1 Ziffer 6 als privilegiertes landwirtschaftliches Vorhaben genehmigt werden. Die geplante landwirtschaftliche Biogasanlage dient dem landwirtschaftlichen Betrieb von Herrn Stephan Zeitvogel. Eine landwirtschaftliche Biogasanlage im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 6 BauGB muss überwiegend (>50 %) mit landwirtschaftlicher Biomasse aus diesem Betrieb oder diesem und weiteren landwirtschaftlichen Betrieben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betrieben werden. Diese Voraussetzungen sind durch das Landwirtschaftsamt des Landratsamtes Rastatt geprüft (Schreiben vom 27. Juni 2023).

Die Voraussetzungen für eine Privilegierung des Vorhabens aus Sicht des Landwirtschaftsamtes Rastatt sind gegeben. Die Erschließung erfolgt über einen bereits vorhandenen Weg.

Schutzgut Mensch, insbesondere die menschliche Gesundheit (§ 2 Abs. 1 Nr. 1)

Die Anlage soll im Außenbereich auf einer Ackerfläche errichtet und betrieben werden mit großem Abstand zu Wohngebieten.

Mit der Errichtung und dem Betrieb der Biogasanlage handelt es sich um eine Anlage der erneuerbaren Energien, die Grenzwerte an Emissionen und den Stand der Technik einhält und damit nicht zu wesentlichen nachteiligen Auswirkungen auf die Umwelt führen wird.

Lärm

Lärmintensive Vorgänge sind nicht zu erwarten.

Gemäß der Schalltechnischen Untersuchung ist zu erwarten, dass der von der Anlage ausgehende Geräuschpegel an den relevanten lmmissionspunkten die zulässigen lmmissionsrichtwerte der TA Lärm deutlich einhalten wird.

Geruch

Im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens wurde eine Prognose der Geruchsemissionen und -immissionen erstellt;
-Prognose der Firma iMA, Richter & Röckle, Immissionen, Meteorologie und Akustik, vom 18. Februar 2022, ergänzt am 20. September 2023-.
Das Ergebnis der Immissionsprognose zeigt, dass der Immissionsbeitrag der Biogasanlage die Irrelevanzschwelle an den nächstgelegenen Wohnnutzungen einhält. Gemäß TA Luft ist in diesem Fall davon auszugehen, dass die geplante Anlage keinen relevanten Beitrag zur Geruchsbelastung liefert. Eine Betrachtung der Gesamtbelastung ist daher nicht erforderlich.

Durch den geänderten Einsatz der Biomasse (pro Jahr zusätzlich 5.000 t/a an Maissilage anstelle von 5.000 t/a an Rindergülle) wurde diese Tatsache am 20. September 2023 durch die iMA Richter & Röckle GmbH & Co.KG bewertet. Die Maissilage wird in einem Fahrsilo gelagert.

Maßgebend für die Geruchsemission aus dem Fahrsilo ist laut Gutachter die offene Anschnittfläche des Fahrsilos. Diese Fläche wird durch das Vorhaben nicht erhöht. Die Zeit für die Entnahmevorgänge aus dem Fahrsilo wird sich etwas erhöhen, was für die Geruchsimmissionen jedoch nur eine sehr geringe Rolle spielt.

Im Gegenzug wird die Verdrängungsluft, die beim Einbringen der Rindergülle aus der Vorgrube entweicht, um ca. 5.000 m³/a zurückgehen.

Bei gutem Funktionszustand sind aus Verbrennungsmotoren nur geringe Geruchsemmissionen zu erwarten. Gas-Otto-Motoren weisen gegenüber Zündstrahlmotoren üblicherweise einen geringeren Methanschlupf und damit geringere Geruchsimmissionen auf.

Insgesamt geht der Geruchsgutachter, die iMA, somit von einem geringen Rückgang der Geruchsemissionen gegenüber der bisherigen Planung aus.

Abluft

Es wird sichergestellt, dass die Abgase der Biogasanlage und der BHKW Abgase (CO<sub>2 </sub>bei der gasmotorischen Verwertung) so abgeleitet werden, dass ein ungestörter Abtransport der Abgase mit der freien Luftströmung gewährleistet ist. Die Abgase werden senkrecht nach oben mit einer Austrittsgeschwindigkeit an der Mündungsöffnung von mindestens 7 m/s abgeleitet. Die Schornsteinmindesthöhe für das BHKW wird auf 19,1 m über Grund festgelegt. Das Fackelrohr der Notfackel wird auf 6,00 m festgelegt. Damit entspricht die Abluftableitung den Anforderungen der derzeit gültigen TA Luft.

Schutzgut kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter § 2 Abs. 1 Nr. 4

Das Schutzgut kulturelles Erbe und sonstige Sachgüter sind nicht tangiert.

Wechselwirkung zwischen den genannten Schutzgütern § 2 Abs.1 Nr. 5

Die Wechselwirkung wurde in den vorgenannten einzelnen Schutzgütern beschrieben.
Es ist davon auszugehen, dass die als landwirtschaftlich genutzte Fläche kein bedeutender Lebensraum für Tiere ist. Ebenfalls Thema der überschlägigen Prüfung ist, dass die Biogasanlage in Randlage des Landschaftsschutzgebiets errichtet werden soll und die unmittelbare Umgebung mit Blick auf die Sichtbeziehungen zur parallel zum Grundstück verlaufenden Rheintalbahn sowie die Straßenbrücke der K 3738 bereits vorbelastet ist. Die zentrale Funktion, nachteilige direkte Einwirkungen auf das Naturschutzgebiet zu verhindern, kann das Landschaftsschutzgebiet auch nach dem Bau der Biogasanlage weiterhin erfüllen. Im Ergebnis überwiegt das überragende öffentliche Interesses am Ausbau erneuerbarer Energien hier daher die entgegenstehenden Landschaftsschutzbelange.

Auswirkungen auf Schutzgüter wie die menschliche Gesundheit sind nicht zu befürchten.
Das Ergebnis der Immissionsprognose zeigt, dass der Immissionsbeitrag der Biogasanlage die Irrelevanzschwelle an den nächstgelegenen Wohnnutzungen einhält. Gemäß TA Luft ist in diesem Fall davon auszugehen, dass die geplante Anlage keinen relevanten Beitrag zur Geruchsbelastung liefert. Eine Betrachtung der Gesamtbelastung ist daher nicht erforderlich.
Kaltluftabflüsse spielen keine relevante Rolle für die Gerüche an den nächstgelegenen Wohnbebauungen und sind somit in der Geruchsprognose nicht zu berücksichtigen.

Ein Emissionseintrag in den Boden ist nicht zu befürchten. Durch die Lage in den Schutzgebieten ergeben sich durch den Bau der Biogasanlage negative Auswirkungen auf diesen Schutzzweck, die Flächennutzung wird auf 1,33 ha dauerhaft geändert und das Landschaftsbild wird nachteilig durch die Errichtung neuer baulicher Anlagen geprägt. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass die derzeit als Maisacker genutzte Fläche, auf der die Biogasanlage errichtet werden soll, nur eine geringe naturschutzfachliche Bedeutung hat und durch den Bau der Biogasanlage keine Biotope oder besonders wertgebende Schutzgebietsflächen beeinträchtigt werden.

Untersuchungen und Feststellungen durch die Naturschutzbehörden sowie der Gutachten von Ziger-Machauer gelangen zum Ergebnis, dass durch die Lage des Grundstücks im Randbereich des Landschaftsschutzgebietes und im FFH-Bereich und mit der derzeitigen Nutzung als Ackerfläche keine das Landschaftsbild geringfügig beeinflusst wird und eine Befreiung der Schutzgebietsverordnung in Aussicht gestellt wurde. Auf dem Grundstück kommen wohl weder Arten noch Lebensstätten von Tieren von FFH-Arten vor. Beeinträchtigungen des FFH-Gebietes und des Landschaftsschutzgebietes sind nicht zu erwarten.

Auch die Stellungnahmen Wasserrecht, Naturschutzbehörden und Boden bestätigen das Ergebnis der Vorprüfung.
Ein öffentliches Interesse ist hier gegeben. Gem. § 2 Satz 1 i. V. m. § 3 Nr. 1 Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)* und § 22 Nr. 2 Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz Baden-Württemberg (KlimaG BW) liegen die Errichtung und der Betrieb von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien sowie den dazugehörigen Nebenanlagen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Biogas stellt einen erneuerbaren Energieträger dar, aus dem direkt vor Ort in einem Blockheizkraftwerk Strom und Wärme gewonnen werden kann oder, das auf Erdgasqualität aufbereitet und in das Erdgasnetz eingespeist werden kann. Die Errichtung und der Betrieb der Biogasanlage durch Herrn Zeitvogel zur Energieversorgung der ortsansässigen Bevölkerung in Sinzheim aus erneuerbaren Energiequellen.
 

Ergebnis

Die standortbezogene Vorprüfung des Einzelfalls ergibt, dass bei Berücksichtigung der in Anlage 3 aufgeführten Kriterien nach § 5 UVPG festgestellt wird, dass keine Verpflichtung zur Durchführung einer förmlichen Umweltverträglichkeitsprüfung besteht. Diese Feststellung wird öffentlich bekannt gemacht. Somit ist die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nicht erforderlich.

Insgesamt ist davon auszugehen, dass durch das Vorhaben keine erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen hervorgerufen werden.

Das Landratsamt Rastatt stellt als zuständige Untere Immissionsschutzbehörde gemäß § 5 Abs. 1 UVPG fest, dass für das beantragte Vorhaben keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht.

Diese Feststellung ist gemäß § 5 Abs. 3 Satz 1 UVPG nicht selbständig anfechtbar.

Diese Mitteilung gilt als Bekanntgabe nach § 5 Abs. 2 Satz 1 UVPG.

Rastatt, den 17. Juli 2023
Amt für Umwelt und Gewerbeaufsicht,
Untere lmmissionsschutzbehörde

*Gesetz für den Ausbau erneuerbarer Energien (Erneuerbare-Energien-Gesetz - EEG 2023)
2 Besondere Bedeutung der erneuerbaren Energien
Die Errichtung und der Betrieb von Anlagen sowie den dazugehörigen Nebenanlagen liegen im überragenden öffentlichen Interesse und dienen der öffentlichen Sicherheit. Bis die Stromerzeugung im Bundesgebiet nahezu treibhausgasneutral ist, sollen die erneuerbaren Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen eingebracht werden.