Nutzung trifft Naturschutz – verborgeneLebensräume im Wald

Der Wald im Landkreis Rastatt hat eine lange Geschichte menschlicher Nutzung, etwa durch Steinbrüche oder forstwirtschaftliche Aktivitäten. Heute hat der Schutz natürlicher Waldlebensräume eine zunehmende Bedeutung. Überraschenderweise sind es oft frühere Nutzflächen und forstliche Infrastruktur, die sich heute als wertvolle Rückzugsorte für seltene Tier- und Pflanzenarten erweisen. Jerusha Senk, Trainee beim Forstamt im Landratsamt, verdeutlicht an Beispielen im Murgtal, wie sich Naturschutz und menschliche Nutzung mit Bedacht und gezieltem Management nachhaltig miteinander vereinbaren lassen.

Gelbbauchunke in einer wassergefüllten Fahrspur. Foto: Jerusha Senk/LRA
Gelbbauchunke in einer wassergefüllten Fahrspur. Foto: Jerusha Senk/LRA

Zwischen 1898 und 1928 wurden im Steinbruch Dachsloch bei Gernsbach-Staufenberg Sand und Mauersteine abgebaut, auch mit Sprengungen. Diese Rohstoffe waren für die Staufenberger von großer Bedeutung, die kostenlos zwei bis zwanzig Kubikmeter Mauersteine für den Hausbau erhalten konnten. Nicht ortsansässige Bürger bekamen, wenn überhaupt, nur gegen eine Gebühr Baumaterialien.

Ein späterer Versuch eines Bauunternehmers, den Steinbruch zu pachten, wurde vom Forstamt abgelehnt, um Schäden am angrenzenden Waldbestand zu vermeiden.  Im Jahr 1995 wurde der ehemalige Sandsteinbruch als Waldbiotop ausgewiesen. Die offenen Felsformationen bieten Lebensraum für seltene Farne und Moose, darunter beispielsweise der Schwarzstielige Strichfarn. „Seit 2015 ist das Gebiet zudem Waldrefugium nach dem Alt- und Totholzkonzept“, berichtet Revierleiter Uwe Meyer. „Das bedeutet, dass hier keine Bäume mehr gefällt werden und die Natur sich ungestört entwickeln kann.“

Auch in Gaggenau zeigen sich spannende Verbindungen zwischen Nutzung und Naturschutz. Rückegassen, unbefestigte Forstwege, die für die Holzernte genutzt werden, weisen regelmäßig Fahrspuren auf. Doch diese „Narben“ schaffen zugleich Lebensräume für Pionierarten, wie etwa für die Gelbbauchunke. Diese Amphibien brauchen frische Laichgewässer, in denen sich noch keine Fressfeinde wie Molche oder Libellenlarven angesiedelt haben. In den flachen Pfützen vertrocknet der Nachwuchs häufig. „Doch dafür hat die Gelbbauchunke vorgesorgt“, erklärt Revierleiter Jochen Müller: „Sie kann mehrfach im Jahr laichen. So gelingt ihr meistens eine erfolgreiche Fortpflanzung.“ Die Verdichtung der Fahrspuren bewirkt zudem, dass das Wasser länger erhalten bleibt und somit die Kaulquappen bessere Überlebenschancen haben. In Gebieten, in denen die Gelbbauchunke vorkommt, werden die Fahrspuren zugunsten der Amphibien nicht wieder eingeebnet.