Misteln – eine Gefahr für das Streuobst
Sagenumwoben, in der Medizin verwendet, angeblich auch eine wichtige Zutat im Zaubertrank, mit dessen Hilfe die Bewohner eines gallischen Dorfes gegenüber Cäsar unbesiegbar waren: Die Mistel. Als immergrüne Pflanze galt sie als Symbol des Lebens.
Doch bei Streuobstwiesenbesitzern wird sie mittlerweile nicht mehr gerne gesehen, weiß Hannelore Dütsch-Weiß von der Obst- und Gartenbauberatung beim Landwirtschaftsamt im Landratsamt Rastatt. Sie breitet sich stark aus, schwächt die Bäume bis hin zum Absterben: „Wenn also die Streuobstwiesen erhalten werden sollen, dann erfordert das eine ausreichende Pflege, die auch die Bekämpfung der Mistel beinhaltet.“
Die „Weißbeerige Laubholzmistel“, botanisch Viscum album, ist ein Halbschmarotzer, der der Wirtspflanze Wasser und Nährstoffe entzieht und mit dem eigenen Blattgrün auch selbst Assimilate aufbauen kann, diese aber auch von der Wirtspflanze nimmt. Assimilate sind Stoffe, die die Pflanze benötigt und mit Hilfe von Sonnenlicht bildet. Was die Mistel sich holt, fehlt der Wirtspflanze“, erklärt die Obst- und Gartenbauberaterin.
Der botanische Name weist auf die Eigenschaft des Fruchtfleisches hin: Es wird Mistelleim genannt und ist klebrig. So klebrig, dass die Samenkerne an einem zähen Schleimfaden im Baum hängen und sich somit verbreiten. Auch Vögel helfen bei der Ausbreitung: Sie ernähren sich von den Beeren, wobei die Samen dank des Schleims am Schnabel kleben, an Gefieder und Beinen haften. Die Vögel versuchen, die Schleimfäden an Ästen und Zweigen abzustreifen. Auch durch Vogelkot werden die Samen verbreitet. Bei der Keimung bilden die Samen Haftscheiben aus, dann dringt die Mistel mit einer Art Wurzel in das Holz ein und zapft dort die Leitungsbahnen für ihre Versorgung an. Sie wächst dazu etwa 30 Zentimeter ins umgebende Holz, die befallene Stelle verdickt sich auffällig.
Nun ist die Mistel etabliert und kann weiter wachsen, jedes Jahr entsteht ein Sprossglied. Nach sechs bis sieben Jahren blüht sie sie zum ersten Mal. Die Blüten sind klein, gelblich-grün und unscheinbar. Von der Blütezeit zwischen Januar bis April dauert es bis Dezember, bis die weißen, runden, erbsengroßen Mistelbeeren reif sind. Eine Mistelpflanze kann bis zu 70 Jahre alt werden und einen Durchmesser von bis zu einem Meter erreichen.
Wirtspflanzen sind neben Pappeln, Weiden, Weißdorn, Birken, Hasel, Robinien, Linden, Ahorn, Hainbuche auch Apfelbäume. Die Ursachen für die Ausbreitung sind noch unklar. „Es wird vermutet, dass die Bäume durch den Klimawandel aufgrund von Stresssituationen wie Hitze und Wassermangel geschwächt sind und damit anfälliger gegenüber Schaderregern“, so die Expertin. Auch macht das Gewicht der großen Mistel-Büsche zu schaffen. Ast- und Schneebruch werden verstärkt. Zudem begünstigt die häufig mangelnde Pflege der Obstbäume die Ausbreitung.
Die Obst- und Gartenbauberatung des Landkreises empfiehlt daher dringend das gründliche Entfernen der Misteln beim Baumschnitt. „Dabei ist es am besten, die jungen Mistelpflanzen im Zweiblattstadium zu erwischen. Dann kann noch mit einer Kerbe ins Holz die ganze Jungpflanze entfernt werden und die Wunde heilt wieder zu“, erläutert Fachberaterin Dütsch-Weiß. Wenn das Wachstum fortgeschritten ist, gehen auch die Wurzeln tiefer und für eine vollständige Beseitigung müssen ganze Äste bis 30 Zentimeter hinter der Mistel-Ansatzstelle entfernt werden. Dütsch-Weiß: „Das ist oftmals kaum möglich ohne den Baum zu zerstören. Es ist allerdings hilfreich, alle sichtbaren Misteln herauszuschneiden, so gründlich es geht.“ Vor allem Büsche mit Beeren müssen raus, damit die weitere Verbreitung verhindert wird. Wenn sie nicht vollständig entfernt werden können, treiben sie zwar wieder aus, aber es dauert einige Jahre, bis erneut eine Blüte gebildet wird.