Hinweise zum Umgang mit aufgefundenen Wildtieren
Ob im Siedlungsraum oder in der freien Landschaft – immer wieder kommt es vor, dass wir Menschen auf ein verletztes oder mutmaßlich verwaistes Wildtier treffen. Wildtiere, also Tiere, die nicht in menschlicher Obhut leben, sind laut Gesetz herrenlos. Sie haben keinen Besitzer oder Eigentümer. Der Umgang mit ihnen ist im Tierschutzrecht geregelt. Es gelten noch weitere Bestimmungen wie z.B. das Jagd- und das Naturschutzrecht.
Beim Anblick eines verletzten Wildtieres denken wir meist: hier muss ich helfen. Aber ist dies auch immer das Richtige für das Tier? Wildtiere sind Fluchttiere, sie meiden den direkten Kontakt zu Menschen. In Notlage geratene Wildtiere befinden sich ohnehin in einer Stresssituation. Jedes Annähern und vor allem das Berühren des Tieres führt zu weiterem Stress und verschlimmert seine Notlage. Die gut gemeinte Pflege bedeutet für das Tier meist engen Kontakt zu Menschen, Aufenthalt in geschlossene Räumen, Volieren oder Gehegen, also Dauerstress. Oberstes Ziel muss daher unbedingt immer die rasche Wiederauswilderung sein.
Grundsätzlich gilt, dass man verletzte, hilflose oder kranke Tiere aufnehmen darf, um sie gesund zu pflegen. Sie müssen aber anschließend unverzüglich wieder freigelassen werden.
Wissenswertes
Rehkitze und Feldhasen
Sowohl Rehkitze als auch junge Feldhasen verweilen oft in einer bewegungslosen, am Boden gedrückten Haltung, während das Muttertier auf Nahrungssuche ist. Säugetiere haben einen sehr feinen Geruchssinn, Elterntiere erkennen sofort, ob ihre Jungen Kontakt mit Menschen hatten. Einmal vom Menschen berührt, werden sie von der Mutter nicht mehr angenommen! Die Aufzucht in Menschenhand gelingt nur äußerst selten. Das anschließende „Auswildern“ ist noch problematischer, weil die Tiere sich durch die Aufzucht an Menschen gewöhnt haben und in der Regel in der Natur nicht mehr zurechtkommen.
Igel
Scheinbar hilflose Igel werden häufig im Herbst in Gärten und Parkanlagen gesichtet. Die meisten Tiere sind in freier Natur überlebensfähig! Nur wenn sie kurz vor Beginn des Winters deutlich unter 500 Gramm wiegen oder bei Dauerfrost und Schnee umherlaufen, benötigen sie Hilfe. Zunächst kann man ihnen, ohne das Tier mitzunehmen, Katzen- oder Hundedosenfutter geben, auch ungewürztes Rührei, aber keine Milch! Bei offensichtlichen Verletzungen bitte den Tierarzt oder eine Igelstation kontaktieren.
Wildvögel
Wildvögel, selbst wenn sie noch jung aus dem Nest gefallen sind, brauchen nur selten Hilfe. Sie werden am Boden von den Elterntieren weiter gefüttert. Man kann diese Jungtiere abseits des Weges in der Nähe wieder an einen geschützten Platz auf einen Ast oder unter eine Hecke setzen. Vögel mit offensichtlichen Verletzungen (offene Wunden, gebrochene Flügel etc.) oder “nackte“, unbefiederte Jungvögel brauchen spezielle fachliche Pflege. Oft ist es nicht möglich, verletzte Wildvögel wieder in die Natur zurückzusetzen. In diesen Fällen kann es richtig sein, das Tier von einem Tierarzt einschläfern zulassen.
Fuchs
Wenn ein Fuchs bei der Begegnung mit Menschen nicht flüchtet, kann das auf Krankheit hinweisen. Füchse können schwere Krankheiten auf Menschen und Hunde übertragen. Daher sollte man Abstand halten!
Gefahren bei der Aufnahme gefundener Tiere
Verletzte Tiere können einen Menschen mit Krallen, Zähnen oder Schnabel verletzen, daher sollte man sich beim Einfangen unbedingt mit Handschuhen oder Tüchern schützen. Erlittene Verletzungen sollten desinfiziert und vom Arzt untersucht werden.
Tiere, die unter das Jagdrecht fallen
Besondere Bestimmungen gelten bei Tieren, die unter das Jagdrecht fallen – etwa Rehe, Füchse, Feldhasen, Waschbären, Marder und Wildkaninchen, aber auch Wildenten, Wildgänse, Schwäne sowie einige Greifvögel. Wer diese verletzten oder hilflosen Tiere in Obhut nehmen möchte, benötigt die Erlaubnis des zuständigen Jagdausübungsberechtigten. Sollte dieser nicht bekannt oder erreichbar sein, ist unverzüglich die Gemeindebehörde oder nächste Polizeidienststelle zu verständigen.
Kosten und Haftung
Von dem Moment an, in dem man sich ein Wildtier „aneignet“, trägt man die volle Verantwortung und Haftung und muss für anfallende Kosten, z.B. etwa für Transport oder Tierarzt, aufkommen. Tierärzte sind nach ihrer Berufsordnung zur Ersten Hilfe verletzter Wildtiere verpflichtet. Liegt kein Notfall vor, können sie eine Behandlung ablehnen und an einen Spezialisten verweisen. Wildtiere müssen nicht kostenlos behandelt werden! Die Vergütung richtet sich nach der Gebührenverordnung für Tierärzte und kann vom Finder gefordert werden.
Über unserem Instinkt und der Liebe zum Tier muss immer die Frage stehen: Ist es für ein Wildtier besser, es aufzunehmen und ihm zu helfen oder belässt man es besser in der Natur? Verletzungen, Krankheiten sowie der Tod gehören zum natürlichen Kreislauf.
Fragen hierzu beantwortet der Wildtierbeauftragte des Landkreises Rastatt Martin Hauser. Er ist unter der Telefonnummer 0175 2232698 erreichbar.
Übersicht: Hinweise zum Umgang mit aufgefundenen Wildtieren (PDF, 446 KB)