Landräte fordern Vorschaltgesetz zur Krankenhausreform: "Finanzielle Situation ist prekär"

Die sieben Landräte im Regierungsbezirk Karlsruhe haben in einem Brief an die Bundestagsabgeordneten auf die prekäre finanzielle Lage der Kliniken aufmerksam gemacht. Sie fordern ein sogenanntes Vorschaltgesetz, mit dem mindestens 5 Milliarden Euro für die Kliniken in Deutschland bis zum Jahr 2027 bereitgestellt werden, um diesen das Überleben zu sichern. Danach soll die Krankenhausreform in Kraft treten, von der dann tatsächliche strukturelle Entlastungen und damit eine langfristige Absicherung für die Kliniken erhofft werden.

Der Rastatter Landrat Prof. Dr. Christian Dusch macht in diesem Zusammenhang nochmals die Situation des Klinikums Mittelbaden (KMB) deutlich, bei dem alleine in diesem Jahr mit einem Verlust von 10 Millionen Euro gerechnet werden muss. Davon trägt der Landkreis Rastatt entsprechend dem Gesellschafteranteil 6 Millionen Euro, der Stadtkreis Baden-Baden trägt 4 Millionen Euro. Bis zum Jahr 2027 wird ein Defizit von insgesamt 80 Millionen Euro erwartet. „Wenn wir dies weiterhin aus eigener Kraft ausgleichen müssen, wird dies unsere Haushalte in einer ohnehin angespannten Situation massiv belasten. Viele wichtige Vorhaben müssten auf den Prüfstand“, so der Rastatter Landrat.

Prof. Dr. Dusch und seine nordbadischen Kollegen finden in ihrem Schreiben entsprechend deutliche Worte: „Ein reiches Land wie Deutschland, das schon vor 140 Jahren das solidarische System der Sozialversicherung eingeführt hat, muss vielmehr auch 2023 in der Lage sein, den Beschäftigten in den Krankenhäusern faire Löhne und den Lieferanten steigende Preise zu zahlen. Stattdessen werden aber die Landkreise als dafür unzuständige Ausfallbürgen in Haftung genommen und müssen mit Millionenbeträgen, die dann an anderen Stellen fehlen, ein System subventionieren, das sich nach dem Grundgedanken der Sozialversicherung eigentlich selbst tragen müsste. In unseren Augen ist das ein Armutszeugnis für unser Land.“

Die Landräte fürchten indes dramatische Folgen, falls die in kommunaler Trägerschaft befindlichen Kliniken bis zur Krankenhausreform nicht unterstützt werden: „Statt einer planvollen Reform, die anschließend zu zukunftsfesten neuen Strukturen führt, wird es eine kalte Marktbereinigung geben, die schlicht den Prinzipien des Zufalls folgt. Dann laufen wir auf ein System zu, in dem private Fachkliniken, die ihre Patientinnen und Patienten schon jetzt nach lukrativen Diagnosen sortieren und Gewinne abschöpfen, die flächendeckende und teure Grundversorgung, die Notaufnahmen und die personalintensive Behandlung gerade multimorbider älterer Menschen aber endgültig dem Staat überlassen.“

Die Bundestagsabgeordneten werden daher aufgefordert, umgehend dafür Sorge zu tragen, dass die Krankenhäuser überhaupt die Chance bekommen, sich in zukunftsfesten Strukturen neu aufzustellen. „Das wird allerdings nur möglich sein, wenn der kalte Strukturwandel endlich beendet wird. Deshalb brauchen wir zwingend und zeitnah ein mit mindestens 5 Milliarden Euro dotiertes Vorschaltgesetz, das es den auch künftig ,gewollten‘ Krankenhäusern ermöglicht, überhaupt an der Reform teilzunehmen“, so das Schreiben weiter.

Der Brief ist unterzeichnet von den Landräten Helmut Riegger (Landkreis Calw), Bastian Rosenau (Enzkreis), Dr. Klaus Michael Rückert (Landkreis Freudenstadt), Dr. Christoph Schnaudigel (Landkreis Karlsruhe), Dr. Achim Brötel (Neckar-Odenwald-Kreis), Prof. Dr. Christian Dusch (Landkreis Rastatt) und Stefan Dallinger (Rhein-Neckar-Kreis). Er wurde initiiert bei einer Tagung der Landräte in Gernsbach (Landkreis Rastatt).

Schreiben zum Vorschaltgesetz an MdB vom 23. Oktober 2023 (PDF, 539 KB)