Landnutzungskonzept "Projekt Murgtal"

Eine gemeinsame Initiative von Naturschutz, Landwirtschaft und Flurneuordnung

  • Fleißig sind die Landschaftspfleger - Mensch und Tier im Murgtal - es meckert und mä(ä)ht, wiehert und muht allerorten, dunkle Fichtenaufforstungen weichen hellen offenen belebten Wiesenlandschaften, die geöffneten Wiesentäler transportieren wieder Frischluft in die Murgtalorte - und es freuen sich Spaziergänger und Bürger der Gemeinden. 
  • In der Vergangenheit kam es durch den strukturellen Wandel in der Landwirtschaft zu einem starken Rückgang der Anzahl landwirtschaftlicher Betriebe, beschleunigt wegen Kleinstparzellierung, Hanglage und Feuchtwiesen. Dies führte zu einer zunehmenden Verbrachung und Verbuschung der ehemals offenen Wiesenlandschaften. Artenreiche Mähwiesen, durch langjährige extensive Grünlandbewirtschaftung entstanden, sind kaum noch vorhanden. Talabschnitte oder ganze Täler sind zugewachsen und können ihre wichtige Funktion für das regionale Klima und die Pflanzen- und Tierwelt in den Murgtalgemeinden nicht mehr erfüllen.
  • So unterschiedlich wie die Landschaften vom mittleren bis ins vordere Murgtal, so verschieden sind die Konzepte zur Offenhaltung oder Wiederöffnung der Landschaften. Doch ob steile Wiesen mit Heuhütten oder schmale Täler der Murgzuflüsse, weite Streuobstwiesen in der Vorbergzone  oder Hochebenen im Nordschwarzwald: allen Landschaften gemeinsam ist, dass allein mechanisch- manuell die Offenhaltung nicht durchführbar und bezahlbar ist.

Das Projekt

Das Untersuchungsgebiet

  • Das Untersuchungsgebiet umfasst das Murgtal zwischen Forbach und Kuppenheim mit seinen Seitentälern und betrachtet einen landschaftlich bedeutsamen Teil des Naturraumes "Nördlicher Schwarzwald";.
  • Das Projekt Murgtal I untersuchte seit dem Jahre 2000 die Mindestfluren der Städte und Gemeinden Forbach, Loffenau, Weisenbach und Gernsbach, das Projekt Murgtal II die von Gaggenau, Bischweier und Kuppenheim. 2005 konnte das Projekt in allen Teilen fertiggestellt werden.
  • Insgesamt umfasst das Untersuchungsgebiet 3 551 Hektar Mindestflur. Davon werden ca. 38 Prozent von rund 130 Landwirten nachhaltig bewirtschaftet. Viele Landwirte sind Tierhalter mit wenigen Rindern, Pferden, Schafen oder Ziegen. Es gibt aber auch einige Schäfereien mit über 500 Mutterschafen, Pferdezüchter und größere Pensionspferdehalter sowie Rinder- und Ziegenbetriebe mit Selbstvermarktung. Weitere rund 38 Prozent der Mindestflur werden von privaten Streuobstwiesennutzern noch offen gehalten.

Zielsetzung des Projektes

  • Die Projektarbeit Murgtal hat die Erstellung eines ganzheitlichen Landnutzungskonzeptes sowie dessen betriebswirtschaftliche Bewertung zum Ziel. Damit soll eine nachhaltige, kostengünstige und schwerpunktmäßig an landwirtschaftlicher Nutzung orientierte Landschaftspflege im Murgtal sichergestellt werden. Extensive Weidesysteme in Ergänzung mit mechanisch- manuellen Pflegemaßnahmen werden vorgeschlagen. Dieses Konzept gibt den Gemeinden und Landwirten praktische Handlungsanweisungen, welche Maßnahmen für einen bestimmten Ort sinnvoll sind und wie viel sie kosten.
  • Extensive Beweidungssysteme beinhalten Weide-, Wiesen- und Mähweideflächen. Ob Schaf, Ziege, Rind oder Pferd – alle Tierarten können eingesetzt werden. Der Tierbesatz ist an die Standortbedingungen anzupassen. Je großflächiger und arrondierter die Beweidungssysteme organisiert werden können, desto besser kann durch angepasstes Management auf betriebliche, ökologische, tierartenspezifische und landschaftspflegerische Anforderungen eingegangen werden.

Vorgehensweise und Aufgaben

  • Maßvolle, bezahlbare und nachhaltige Projekte können nur mit allen Beteiligten in einem Ort gemeinsam erarbeitet werden. Die Grundlage der Projektarbeit ist daher eine akteursbezogene Arbeitsweise.
  • Durch umfangreiche Befragungen aller im Gebiet tätigen Landwirte, Vertretern der Kommunalverwaltungen, Behörden und Mitgliedern von Obst- und Gartenbauvereinen entstand eine Bestandsaufnahme des sozioökonomischen, landwirtschaftlichen, landschaftspflegerischen und naturschutzfachlichen Zustandes. Diese waren Grundlage für die Planungen im Gebiet.
  • Erfragt und diskutiert wurden nicht nur Perspektiven und Probleme von Landwirten oder Strukturdaten der Bewirtschafter, die Befragungen dienten auch dem Knüpfen von Kontakten und zur gegenseitigen Information.
  • Regelmäßige Öffentlichkeitsarbeit durch Pressearbeit und Informationsveranstaltungen, haben die Akzeptanz im Untersuchungsgebiet wesentlich verbessert.

Nutzen und Leistungen für die beteiligten Gemeinden

  • Die Gemeinden können auf eine ortsteilbezogene Erfassung und Bewertung des Pflege- und Bewirtschaftungszustandes ihrer Mindestflurflächen mit entsprechenden Nutzungs- und Pflegemaßnahmen und Kalkulation der Angebotspreise für Tierhaltungen und mechanisch-manuelle Pflege zurückgreifen. Für jeden Ortsteil gibt es eine eigene Textfassung mit dazugehörigen Kartenmaterialien.
  • Zur umfassenden Information für Gemeinden, Landwirte und Behörden ist eine ausführliche Studie zur Beschreibung der Eignung von Nutztieren für die Landschaftspflege erarbeitet worden. Intensiv betrachtet werden Schafe, Ziegen, Rinder und Pferde.
  • Betriebswirtschaftliche Kalkulationen sind für Erstpflegemaßnahmen und Folge-Pflegenutzungen in der Landschaftspflege und Wiesennutzung durchgeführt worden. Die betriebswirtschaftliche Kalkulation der Tierhaltung führte zu Angebotspreisen für die Landschaftspflege mit Tieren. Ebenso wurden mechanisch- manuelle Pflegemaßnahmen und Kombinationen aus Weidesystemen und mechanisch-manuellen Maßnahmen berechnet.
  • Die Darstellung der betriebswirtschaftlichen Situation der Haupterwerbsbetriebe und übergeordneter Themen im Hinblick auf die Haupterwerbsschäfereien im Murgtal dient als Planungsgrundlage zur langfristigen Sicherung der Betriebe.
  • Eine Besonderheit für das Untersuchungsgebiet Murgtal II ist die naturschutzfachliche Begleituntersuchung, die das Institut für Landschaftsökologie und Naturschutz in Bühl durchgeführt hat. Sie liefert Aussagen, welche Flächen in den Mindestfluren der Städte und Gemeinden weidefähig bzw. bedingt weidefähig sind und welche aufgrund ihres naturschutzfachlichen Stellenwertes vorzugsweise nur in Mähnutzung zu erhalten sind.
  • Die Projektarbeit erarbeitete die Grundlagen zur Anordnung von Flurneuordnungsverfahren, die die Gesamtsituation im Murgtal verbessern und somit maßgeblich zur Erhaltung der Kulturlandschaft beitragen.

Erste Ergebnisse der Projektarbeit

  • Die landwirtschaftliche Nutzfläche hat sich in der Projektphase bereits um ca. 120 ha ausgeweitet, Tierbestände in den Gemeinden haben sich vergrößert, ein Schaf- und ein Gemeinschaftsziegenstall wurden gebaut.
  • Neue Pflegeinitiativen haben sich gebildet, wie z.B. die Förderung der Beweidung in Forbach, Gausbach und Langenbrand, der Ziegenstall in Reichental, der Schafstall in Weisenbach, die Begleitung und Unterstützung der Ziegenfreunde Bermersbach, Tierhalterinitiativen in Gaggenauer Ortsteilen, Erstpflegemaßnahmen in allen Orten.
  • Die Kommunen haben die Notwendigkeit der Landnutzung in der Mindestflur erkannt.
  • Die Öffentlichkeit ist für die Themen Landwirtschaft, Landschaftspflege und Umwelt sensibilisiert; erreicht wurde auch eine Aufwertung und Anerkennung der landwirtschaftlichen Arbeit.
  • Landschaftsprägende Murgseitentäler in Forbach-Bermersbach sind durch Ziegenbeweidung wieder in Funktion.

Ausblick

  • Weitere Pflegeinitiativen gilt es anzustoßen. Beratung und Betreuung der landwirtschaftlichen Betriebe, die Suche nach Möglichkeiten zur Kooperation sowie die Begleitung von Maßnahmen zur Erstpflege mit Folgenutzungen bleiben wichtig.
  • Die direkte Unterstützung der Landwirte durch die Kommunalverwaltungen wird zukünftig besonders bei der Flächenvermittlung, bei Beweidungsmaßnahmen und landwirtschaftlichen Baumaßnahmen eine wichtige Rolle spielen.
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